In der kalten Jahreshälfte widmen sich alljährlich die Aktiven des NABU Linden der Wartung der Nistkästen: Sie werden gereinigt, indem die verlassenen Nester entfernt werden und der Kasten mit Spachtel und Pinsel gesäubert wird. Defekte Kästen werden repariert, neue angebracht. Die Belegung der Kästen wird erfasst.
Durch die unterschiedliche Größe der Kästen bzw. deren Einflugöffnungen wird gezielt verschiedenen Vogelarten Unterschlupf angeboten. Neben den über hundert vor allem im Laubwald ausgehängten Nistkästen für Singvögel stellen die an Obstbäumen von Streuobstwiesen angebrachten gut zwei Dutzend Steinkauzröhren ein wichtiges Kontingent. Vereinzelt werden auch Kästen für Hornissen aufgehängt.
Über den Nutzen einer Reinigung der nach Ende der Saison wieder verlassenen Nistkästen gehen unter Fachleuten die Auffassungen auseinander: Wir säubern die Nistkästen, um zusammen mit dem Vogelnest die dort überwinternden Parasiten zu entfernen, damit so die Übertragungsrate von Parasiten auf die im Frühjahr wiederkehrenden Vögel minimiert wird. Alte Nester werden ohnehin nicht genutzt, denn mit der Heimkehr beginnen die Vögel stets mit dem Bau eines neuen Nestes.
Während der Großteil der Nistkästen für Singvögel im Wald angebracht ist, hängen die Röhren für Steinkäuze entsprechend deren Lebensraum an Apfelbäumen in Streuobstwiesen. Im Frühjahr wird deren Belegung erfasst. So fanden sich 2014 in zwei der Leihgesterner Röhren je vier lebende Küken, in Linden „Auf dem Luh“ eine mit fünf Eiern.
Junge Küken werden von Reiner Holler, dem Vogelschutzbeauftragten des benachbarten NABU Holzheim-Dorfgüll-Grüningen, beringt. Er leitet die Registriernummern weiter an die Vogelschutzwarte Helgoland wo für Norddeutschland einschließlich Hessen ein Register der Beringungen geführt wird. Über dieses ließ sich z. B. ermitteln, dass ein bei uns gefundener Steinkauz aus der rund 60km entfernten Gegend um Offenbach stammte, ein anderer gar kam aus dem Raum Aachen (ca. 200km).
Manche Naturliebhaber stehen dem „Vogelschutz durch Nistkästen“ verständnislos gegenüber: Ist das denn noch Natur, wenn der Mensch den Vögeln ihre Behausungen baut und sie von seiner Mithilfe abhängig sind? Zur Klärung dieses Einwands ist zu bedenken, dass unsere gesamte, heutige Landschaft nicht mehr „natürlich“ im engeren Sinne ist, sondern vollständig durch die Einflüsse des Menschen überprägt. Wir finden allerdings mehr oder weniger naturnahe Landschaftselemente, deren Zusammensetzung nach Tier- und Pflanzenarten sich in Jahrhunderten der Anpassung eingependelt hat. In einem natürlichen bzw. naturnahen Lebensraum werden alle ökologischen Nischen durch entsprechende Arten besetzt, was meistens mit einer Zunahme der Artenvielfalt und Individuenzahl einhergeht.
Dies gilt auch für die ökologisch wichtige Vogelwelt: Sie trägt zur Verbreitung der Pflanzen bei (z. B. über unverdaut ausgeschiedene Samen von Wildfrüchten) und stellt ein wichtiges Glied in der Nahrungskette dar, indem Insekten, Würmer usw. vertilgt werden, aber die Vögel ihrerseits zur Beute anderer Tiere werden können. Die Artenvielfalt und die Dichte der Besiedlung hängt von unzähligen Einflussgrößen ab. Es liegt auf der Hand, dass ein Mangel an geeigneten Brutplätzen, wie er durch die intensive Nutzung der Landschaft durch den Menschen entstanden ist, die Anzahl und Artenvielfalt der Vögel senkt. Hier wirken angebotene Nistkästen korrigierend. Die weitere Zunahme der Vogel-Population findet ihre natürlichen Grenzen durch die anderen, für die Zusammensetzung der Vogelwelt maßgeblichen Faktoren, insbesondere das Nahrungsangebot.
Abgesehen vom ökologischen Nutzen, den die Unterstützung durch Nistkästen darstellt, gibt es einen anderen Beweggrund, der sich nicht an wissenschaftlichen Zahlen messen lässt: Die Freude des Menschen am Gesang, an der Gegenwart und der Schönheit unserer einheimischen Vogelwelt!
Es gibt noch viele weitere Aktivitäten im Bereich Vogelschutz, von denen nachfolgend eine Auswahl genannt sei:
So werden auf Wunsch von Bürgern mitunter in luftiger Höhe Kotbretter unter den Nestern von Mehl-Schwalben angebracht, um das Zusammenleben von Mensch und Vogel zu erleichtern.
In der Sandgrube am westlichen Rand des Lindener Gewerbegebiets brüten in der durch den Abbau entstandenen Steilwand seit vielen Jahren die in ihrem Bestand gefährdeten Ufer-Schwalben. Mit 200 bis 250 Paaren ist dies eine der größten Kolonien in Hessen. Die Nester in der Sandgrube wurden wiederholt von einem geschickten Fuchs geplündert, der einen Weg fand, die Wand zu erklimmen. Diese wurde mit menschlicher Hilfe so verändert, dass der Fuchs die Nester nicht mehr erreichen kann und die Nester so sicher sind.
Im Glockenturm der evangelischen Kirche in Großen-Linden nisten Schleiereulen, nachdem für diese geeignete Kästen angebracht worden waren. Wir wollen versuchen, auch in der Leihgesterner ev. Kirche den Schleiereulen wieder Brutmöglichkeiten zu bieten, u. a. indem die Besiedlung durch um das Domizil konkurrierende Tauben unterbunden werden soll.
Auch für die zu den Säugetieren gehörenden Fledermäuse werden künstliche Schlafhöhlen angeboten, etwa auf dem Gelände der Kirche, im ausgedienten Trafoturm Linden oder Wasserhaus Leihgestern.
Die Lindener Betreuung der Nistkästen wird seit Jahrzehnten von unserem Mitglied Franz Hübner organisiert und gemeinsam mit anderen Aktiven durchgeführt.
Wer im eigenen Garten Nistkästen anbringen will und eine Beratung wünscht, kann sich gerne an uns wenden oder auf der Webseite des NABU zum Thema hier nachlesen.